Ich werde oft gefragt: "Wie geht's dir?". Es ist eine schwierige Frage für mich. Wie soll ich antworten? Ehrlich, oder für mein Gegenüber schonend? Nennenswert sind die Nebenwirkungen, die ich habe, aber auch nicht zu viele, ansonsten beunruhige ich mein Umfeld.
Oft sage ich: "Ich bin froh so wenig Nebenwirkungen zu haben. Ich fühle mich schwächer und habe auch hier und da Wehwehchen. Es ist aber alles erträglich und so kann es weiter gehen. Ich fühle mich, als säße ich unter einer Glasglocke."
Doch, nachdem ich die letzten Tage unter der Glasglocke verbracht habe, möchte ich die Dinge, die mich beschäftigen erzählen. Direkt nach der Chemogabe fühle ich mich krank. Es ist wie eine Grippe ohne Erkältungssymptomen. Übelkeit, Kopfschmerzen und Schwäche sind die Hauptnebenwirkungen. Ab dem zweiten Tag nach der Chemo lassen die Kopfschmerzen nach und die Übelkeit wird durch ein flaues Gefühl im Magen abgelöst. Ich fühle mich noch schlapp, kann aber kleinere Spaziergänge und den Haushalt wieder wuppen. Nach dem Einkaufen, Duschen oder Treppensteigen brauche ich Pausen, da mir die Luft fehlt. Ein Mittagsschlaf ist notwendig. Jetzt plagen mich deutlich die geschwollenen Schleimhäute, die zu Halsschmerzen, Ohrenschmerzen und Geschmacksveränderungen führen. Ich habe zwar Appetit, mir schmeckt es aber oft nicht gut. Weingummi und Salat ist das, was mir am Besten schmeckt. Ich soll viel trinken, schaffe es aber nicht, was wiederum im Zusammenhang mit den Medikamenten zu einer Darmträgheit führt. Ich bin licht- und geräuschempfindlich. Ich schlafe unruhig und wenig. Meine Haare beginnen auszufallen. Bei der Körperbehaarung ist es unangenehm, diese störenderweise in der Kleidung zu haben, zumal meine Haut sowieso empfindlicher ist. Am Kopf ist der Haarausfall sehr unangenehm. Dabei tut duschen sehr gut, allerdings greife ich damit wiederum meine Haut an. Ich muss meine Haut mit Öl oder Creme pflegen, woran ich oft nicht denke, da ich es bisher nicht brauchte. Eine Allergie gegen Panthenol, die ich als Kind entwickelte, gibt mir bis heute das Gefühl meiner Haut durch Cremes zu schaden.
Dies sind alles greifbare Dinge, die mich beschäftigen und mit denen ich mich direkt auseinandersetzen kann und wogegen es mehr oder weniger Mittel gibt. Doch die direkte Auseinandersetzung mit meinen Sorgen, Gedanken und Gefühlen ist schwierig. Ich wage zu behaupten, dass dieser Bereich einen viel größeren Anteil an der Erkrankung hat, als all die Nebenwirkungen der Therapie. Ich werde mir professionelle Hilfe holen. Ich schreibe diesen Blog und ich führe viele Gespräche mit Freunden und Verwandten. Es tut mir gut in Gesellschaft zu sein und mit positiver Erlebnissen abgelenkt zu werden. Ein riesen Glück ist in diesem Fall meine Tochter, die mit ihren sechszehn Monaten noch nicht viel von der Krankheit versteht und es schafft mich im Alltag, im Hier und Jetzt zu halten.
Ich möchte nochmal erwähnen, dass es stimmt, dass ich als Krebspatientin unter heutiger Coronasicht zur Risikogruppe zähle. Ich mache mir allerdings genauso viele Sorgen an einem Magen-Darm-Virus zu erkranken, wie an Covid-19. Und sind wir mal ehrlich: Die Hygienemaßnahmen, die in der Krippe, im Supermarkt und beim Bäcker zur Zeit gelten, kommen mir in jeder Hinsicht zu Gute. Ich kann dank der Maskenpflicht sogar fast unbesorgter meine Einkäufe erledigen. Und ich bin so vor allen Krankheiten, die über Tröpfchen übertragen werden, besser geschützt, als vor der Pandemie. Mein Immunsystem ist geschwächt und deshalb muss ich einiges beachten. Es ist aber überschaubar und durch Corona in allen Köpfen. Ich soll Menschenansammlungen und Schwimmbäder meiden und mir regelmäßig die Hände waschen und desinfizieren.
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