Der Tag der zweiten Chemo. Recht aufgeregt, mit wenig Schlaf und mit flauem Magen wache ich auf. Allzu oft habe ich gehört, dass die zweite Behandlung schlimmere Nebenwirkungen haben soll.
Ich dusche, sehr kurz, da ich keine Haare mehr waschen muss und zwinge mich etwas zu frühstücken, schließlich braucht man doch eine gesunde Grundlage. Das Taxi wartet schon vor der Tür, ich kann es durchs Küchenfenster sehen. Das macht mich noch nervöser. Ungeduldig suche ich die letzten Sachen zusammen. Mein Laptop muss mit, da ich mir vorgenommen habe meinen Blog zu schreiben, mein Handy, die Medikamente, einen Mundschutz und eigentlich meinen Therapiepass, den ich vergebens suche. Vielleicht hat meine Tochter ihn in den Push-Mülleimer geworfen, den sie zur Zeit sehr gern füttert.
Ohne Therapiepass steige ich ins Taxi und fahre zum Klinikum. Dort warte ich auf den Fahrstuhl und ärgere mich sobald ich darin stehe, warum ich nicht die Treppe genommen habe. Auf der Onkologiestation werde ich schon erwartet, bekomme Blut abgenommen und warte circa eine halbe Stunde auf das Testergebnis. In der Wartezeit widme ich mich meinem Blog, um die vergangenen Tage zu verarbeiten und mich abzulenken. Außerdem freut mich der Gedanke, dass mein Umfeld mitbekommt wie es mir geht und ich dadurch eventuell weniger Fragen beantworten muss.
Ich werde aufgerufen. Meine Blutwerte sind in Ordnung und die Chemotherapie kann mir eingeflöst werden. Vorab unterhalte ich mich mit meiner zuständigen Onkologin, wie ich die letzte Sitzung vertragen habe. Ich erzähle ihr von meiner Übelkeit, der unruhigen Nacht und des Schlappheitsgefühls. Die Kopfschmerzen zu erwähnen vergesse ich. Gegen die Übelkeit bekomme ich ein anderes Medikament verschrieben und wie es zur unruhigen Nacht mit Kribbelschüben kommt, erklärt mir meine Onkologin geduldig. Ich stelle ihr noch die Frage, ob ich schlimmere Nebenwirkungen nach der zweiten Chemo zu erwarten habe. Und sie antwortet zu meinem Erstaunen: "Das muss nicht sein, nein.". Da bin ich tatsächlich erleichtert.
Schwester Rita schließt die Infusionen an, die wieder zwei Stunden laufen und ich blende mit Hilfe meines Blogs die Umgebung aus. Die Zeit vergeht schnell, ich rufe mir mein Taxi zurück und fahre über einen Umweg an der Apotheke vorbei nach Hause.
Zu Hause esse ich etwas und lege mich aufs Sofa. Meine Mutter kommt zur Unterstützung und leistet mir Gesellschaft. Ich denke an meine Tochter, die bei ihrem Vater untergekommen ist. Wie es ihr wohl geht?
Allmählich steigt die Übelkeit und ich nehme nun die neue Bedarfstablette. Am Telefon gibt mir meine Schwester noch den Tipp Safteiswürfel zu machen und bei Licht- und Geräuschempfindlichkeit sich ruhig abzuschotten. Das mache ich und es geht mir besser. Ich trinke viel, lasse allerdings das Abendessen aus.
Für die Nacht kommt meine Schwester zu mir, da ich noch Angst vor den Nebenwirkungen habe und ich mich wohler fühle, wenn jemand bei mir ist.
Wir gehen nach langen Gesprächen ins Bett und ich schlafe tatsächlich Dank meiner Schwester diesmal 1-2 Stunden am Stück. Die Kribbelschübe bemerke ich kaum und übergeben muss ich mich auch nicht. Ich gehe mindestens sechsmal in der Nacht auf Toilette, kann aber jedesmal wieder einschlafen.
Alles in allem war diese Nacht erträglicher als die erste Chemonacht vor zwei Wochen.
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